Zum Tode von Walter Ernsting
- Betrachtungen zu zwei Gedächtnisbänden -

 

Als im Januar 2005 die Nachricht vom Tode von Walter Ernsting durch das SF-Fandom ging, war klar, nicht nur ein weiterer SF-Autor war von uns gegangen, sondern gleichzeitig auch der Begründer des deutschsprachigen SF-Fandoms. Als Ernsting im Jahr 1955 in seinem Roman UFO am Nachthimmel eine Leserbriefseite einführte, legte er damit den Grundstein für die heute fannische Landschaft.

Kein Wunder also, dass sich das Fandom auch dem Gedächtnis des in Koblenz geborenen Autors annahm und sich daran machte Gedächtnisbände zu veröffentlichen. Sowohl der Terranische Club Eden als auch der Erste Deutsche Fantasy Verein e. V. legten dem geneigten Fan entsprechende Publikationen vor.

1. Ein Freund der Menschheit – Abschied von Walter Ernsting
Herausgegeben vom Terranischen Club Eden, zusammengestellt von Kurt Kobler, Joe Kutzner und Andy Schmidt

Schon in der jüngeren Vergangenheit hat sich der TCE mit gutgemachten Publikationen einen Namen gemacht. Zuletzt wartete er mit einem sehr liebevoll gestalteten Gedächtnisband über Peter Terrid auf, der dem Käufer neben dem Buch auch eine sehr informative CD-Rom geboten hat. Von der technischen Seite her wirkt Ein Freund der Menschheit professioneller als der Terrid-Band. Neben einem sehr guten Schriftbild werden auch die Illustrationen und Fotos auf einem sehr hohen Niveau wiedergegeben. Aber auch die Auswahl der Artikel kann sich sehen lassen. So erinnern Autoren wie Reinhard Habeck, Uschi Zietsch oder Jürgen Grasmück an den Begründer des deutschen SF-Fandoms, aber auch einige Fans kommen zu Wort, die ihre Eindrücke über Walter Ernsting schildern. Garniert wird das Ganze durch Rüsselmops-Strips und Kurzgeschichten von Ernsting. Etwas aus dem Rahmen fällt dabei der Artikel des Autors M (W) Thom. Der Autor bietet einen Vergleich zwischen Wernher von Braun und Walter Ernsting an, der zwar sehr gut geschrieben und recherchiert ist, aber jedoch stellenweise unpassend für einen Gedenkband wirkt. Sicher, auch im Leben von Walter Ernsting war nicht alles Gold, was glänzte, doch die Art des Umgangs, die Thom mit dem Bild von Ernsting an den Tag legt, geht weit über die Demontage eines Mythos hinaus. Vielmehr ist der Beitrag gespickt mit überspitzten bis polemischen Bemerkungen, die stellenweise so übertrieben sind, dass sie schon amüsierend wirken. Andererseits können solche Bemerkungen auf den einen oder anderen Leser kränkend wirken. Ob es zweckmäßig war einen solchen Beitrag in diesen Gedächtnisband aufzunehmen, ist eine Frage, mit der sich die Redakteure der Publikation auseinandersetzen müssen. Insgesamt hat der TCE eine gute Arbeit abgeliefert, die durch einen etwas deplatzierten Beitrag etwas geschmälert wird.

 

2. Walter Ernsting zum Gedächtnis
Herausgegeben von R. Gustav Gaisbauer; Erster Deutscher Fantsy Club e.V.

Ebenfalls einen guten Ruf für seine Publikationen hat der EDFC, unter dessen Dach sich auch der Clark Darlton Fanclub befindet. Vor einiger Zeit brachte der EDFC bereits das Gästebuch von Walter Ernsting heraus, das von dem Autor noch kommentiert wurde. Walter Ernsting zum Gedächtnis kommt im handlichen Paperpackformat daher und bietet, ähnlich wie beim TCE, ein Farbcover. Über 70 Autoren und Fans kommen hier zu Wort. Dabei sind so schillernde Namen wie Jürgen Grasmück, Hanns Kneifel, Ernst Vlcek, Horst Hoffmann, Rainer Erler, Klaus N. Frick, Viktor St. Farkas, Ulrich Dopatka und Helmuth W. Mommers, um nur einige zu nennen. Neben ausführlichen Berichten über die Trauerfeierlichkeiten in Salzburg werden zahlreiche Anekdoten beschrieben, die mit Walter Ernsting direkt oder indirekt zu tun haben. Aber auch auf den Einfluss des Menschen Ernsting auf die Fans wird in einigen Beiträgen eingegangen, wie beispielsweise in dem von Herbert Thiery. Aufgelockert wird der Text durch viele, bisher oft unveröffentlichte Fotos und zahlreiche Illustrationen, die mehr humorvollen Charakter haben. Als kleine Beilage gibt es noch Kopie der Todesanzeige von Walter Ernsting. Auch wenn die Flut der rund 90 Artikel auf dem ersten Blick etwas überfordernd wirken, so bekommt der Leser darin einiges geboten, was die Persönlichkeit Walter Ernstings etwas mehr beleuchtet. Man merkt vielen Schreiben an, dass sie von dem Autor beeinflusst wurden, was sich stellenweise in einigen humorvollen Anekdoten ausdrückt. Insgesamt bekommt man eine sehr solide Publikation geboten, deren interessanter Reiz zum Schmökern einlädt.

Zusammenfassend kann man sagen, dass, obwohl teilweise die gleichen Autoren am Werk waren, die Paperbacks zum Tode von Walter Ernsting vom TCE und dem EDFC jeweils andere Blickwinkel bieten. Obwohl in der TCE-Publikation ein Beitrag etwas aus dem Rahmen fällt, besitzen beide einen großen Lesespaß, dem man sich nur schwer entziehen kann. Auf jeden Fall sind beide Paperbacks kaufens- und lesenswert.

Andreas Schweitzer